Wir hatten eigentlich gedacht, alle notwendigen Maßnahmen ergriffen zu haben, um eine Malaria-Infektion zu vermeiden. Wir schlucken täglich unsere Prophylaxe, haben unsere Kleidung imprägniert und sprühen uns brav mit Insektenschutzmittel ein, bevor wir das Haus verlassen. Aber auch die besten Präventionsmethoden sind nicht genug: gestern, also am Dienstag, ist bei Lili Malaria diagnostiziert worden. Am vorhergehenden Abend hat sie Durchfall bekommen, dann einmal gebrochen und Fieber bekommen. Der Arzt hat auf eine Gastritis getippt und den Malariatest eher nur routinemäßig angeordnet. Und dann war sie da, die ernüchternde Diagnose. Mein armes Kind hat drei wirklich riesige Spritzen verabreicht bekommen. Jetzt ist sie schon wieder am Weg der Besserung, der Appetit ist zurückgekehrt und sie kann schon wieder lachen. Der Arzt hat gemeint, dass bis Samstag alles vorbei sein sollte, da müssen wir nochmal zur Kontrolle ins Krankenhaus. Wenn wirklich alles gut ist, dann können wir am Sonntag unsere Rundreise wie geplant mit der Fahrt nach Tamale, der Hauptstadt des Nordens, fortsetzen.
Am letzten Freitag sind wir – wie geplant – zum Kakum
National Park gefahren. Es gibt dort seit etwa 20 Jahren den sogenannten
Canupy-Walk, eine 370 Meter lange und bis zu 40 Meter hohe Abfolge an
Hängebrücken, die in den Gipfeln des Regenwaldes des Nationalparks befestigt
sind. Ich hab mich wirklich schon sehr auf diesen Ausflug gefreut, ich hab aber
auch schon ein bissi Bauchweh gehabt. Ich hab ja mit fortschreitendem Alter
etwas Höhenangst bekommen, was z.B. bei unserem Wanderurlaub in Rohrmoos
deutlich geworden ist, als wir über eine Stahlseilhängebrücke bei den
Riesachfällen gehen mussten. Da hab ich mir wirklich fast in die Hose gemacht.
Und jetzt über Hängebrücken aus Hanfseilen und einem simplen, engen Holzboden
gehen? Und vor allem: einmal auf den Skywalk angekommen, gibt es keine
Möglichkeit umzukehren…
Was soll ich sagen: es ist gut gegangen. Und es war wirklich
extrem lässig! Silke ist aus dem Fotografieren gar nicht mehr rausgekommen –
ihre zukünftigen Schüler/-innen werden also mit Bildmaterial aus erster Hand
bestens versorgt sein! Und uns anderen hat es einfach getaugt, auf diesen
schmalen Brücken zu gehen und die gewaltige Aussicht zu genießen. Es ist
erstaunlich, wie schnell 370 Meter bewältigt sind.
Am Freitag Abend haben Silke und ich beim Youth Fellowship
einen Vortrag über Österreich gehalten. Nach der ersten Präsentation über die
diversen Fakten und Besonderheiten unseres Landes hab ich den jungen Leuten das
nächste Thema freigestellt: Sehenswürdigkeiten, typisch österreichische
Traditionen oder Evangelische Kirche. Und alle wollten etwas über unsere Kirche
erfahren. Es war dann wirklich interessant, sie haben unglaublich viele Fragen
gestellt, sich königlich über unsere 45-Minuten-Gottesdienste amüsiert (ach,
doch so lange J)
und über die Vor- und Nachteile geredet, wenn der Pfarrer nicht alle 4 Jahre
wechseln muss.
Am nächsten Tag mussten wir dann endgültig von Familie Annoh
Abschied nehmen. Es war eine tolle, unvergessliche Woche, in der wir auch einen
kleinen Einblick in die ghanaische Küche bekommen haben. Wer sich traut wird
zuhause sicher etwas zum Kosten bekommen J.
Auch das Mitleben in einer ghanaischen Pfarrfamilie war spannend.
Der letzte Jahrgang muss sich in den Ferien auf die Examen vorbereiten |
Nach etwas mehr als 3 Stunden sind wir in Kumasi angekommen
und von Prince Appia-Fei, dem Leiter des Adumasa Link Projects, in Empfang
genommen worden. Wir sind hier im Curtis-Guesthouse untergebracht, das seinen Namen
von der Gründerin des gesamten Projekts bekommen hat. Vor ziemlich genau 20
Jahren ist Prince sehr kurzfristig eingeladen worden, einer Gruppe von
Missionaren aus Großbritannien die Gegend zu zeigen, und er hat sich dazu
entschlossen, nicht nur die typischen Plätze in Kumasi herzuzeigen, sondern mit
der Gruppe auch in die Dörfer am Rand der Metropole zu fahren. Tief beeindruckt
davon, dass viele Kinder nackt, ohne Schuhe und oft auch unterernährt
herumgelaufen sind, noch dazu ohne Möglichkeit eine Schule zu besuchen, wurde
das Adumasa Link Project aus der Taufe gehoben, dass den Kindern im Ort eine
eigene Schule bescherte, die von Beginn an ihre Schüler/-innen auch mit Essen
versorgt hat. Es gibt jetzt einen Kindergarten, eine Primaryschool (1.-6.
Klasse, jeweils 2-klassig) und eine Junior Highschool im Ort. Und das Projekt
ist jetzt auch in zwei Nachbardörfer gekommen. Prince hat das Projekt 10 Jahre
lang ehrenamtlich geleitet, bevor er wegen der wachsenden Aufgaben als Leiter
eingestellt worden ist. Noch immer werden z.B. seine Gehaltskosten von
Großbritannien getragen, aber seit einigen Jahren ist auch die Evangelische
Kirche Österreich hier sehr engagiert am Werk. Ich finde es ganz toll, dass wir
als Kirche diese wichtige Arbeit hier unterstützen.
Nur ein Beispiel: das „Schulgeld“ beträgt hier für das Trimester 3 Cedi, also
nicht einmal einen Euro. Und selbst diese Summe können sich manche Familien nicht
leisten. Ich kann euch sagen: hier können wir wirklich was bewirken und unser
Geld ist noch immer dringend notwendig. Ich bin überzeugt, dass Silke und ich
versuchen werden, auch nach unserer Rückkehr immer wieder Hilfe an diesen Ort zu
bringen.
Direkt nach unserer Ankunft hat uns Prince ein ghanaisches Spiel gezeigt und es mit uns gespielt: Oware! Es macht uns allen viel Spaß und wir haben uns auch schon eines gekauft, damit wir es auch einmal mit euch spielen können!
Markus bei seinem ersten Owarespiel mit Prince |
Am Sonntag waren wir Gottesdienst – gemeinsam mit dem
Ashanti-König! Wenn einer der regionalen Könige in diesem Land noch etwas reale
Macht hat, dann ist es der Ashanti-König. Und jeden ersten Sonntag im neuen
Jahr feiert er mit der PCG-Gemeinde in Kumasi. Als der Gottesdienst begonnen
hatte, war der Thron noch zugedeckt und verwaist. Als dann die königliche
Karosse vorgefahren ist, wurde der Thron bereit gemacht und er ist mitsamt seinem Hofstaat unter Hörnerschall eingezogen. Und als seine Rede am Programm
gestanden ist, haben das wieder die Hörner angekündigt, bevor zwei seiner
Männer ein Lied auf seinen Namen gesungen haben. Der König selbst wendet sich
allerdings nie direkt an das Volk, d.h. er redet nur leise vor sich hin und zwei
Linguisten verkündigen laut, was er zu sagen hatte. Sehr strange, aber
natürlich super, dass wir das miterleben durften. Passend zum Gottesdienst an
diesem Tag haben wir im Anschluss noch den King´s Palace und das Museum
besucht.
Am Montag waren wir dann endlich mal auf Shoppingtour.
Prince hat uns zum Cultural Centre geführt, wo typisch ghanaische Handwerkskunst
gezeigt und zum Verkauf angeboten wird. Anschließend haben wir einen kurzen
Abstecher in den Markt gemacht. Ich habe eigentlich gedacht, dass mich nach 4
Monaten Ghana nichts mehr in Stress versetzen kann, aber was sich dort
abspielt, das kann man sich als gelernter Europäer einfach nicht vorstellen.
Und so haben wir uns nach einer kurzen Visite bei Agnes´ Geschäft (sie ist die
Frau von Prince) auch bald wieder zurückgezogen.
Agnes mit unseren Kindern in ihrem Marktstand |
Am Dienstag, nachdem wir das mit Lili und der Malaria
abgeklärt hatten, bin ich noch zur National Minister´s Conference gefahren, die
diese Tage in Kumasi stattfindet. Am Gelände der Universität K.N.U.S.T. wurde
in einem riesigen Hörsaal das Programm abgehalten.
Das Thema „The Minister and
the family“ finde ich sehr spannend, aber einmal mehr haben sich doch
tiefgreifende Unterschiede herauskristallisiert. Denn es war natürlich für alle
klar, dass es nur dann funktioniert und eine fruchtbare Arbeit sein kann, wenn
die ganze Familie sich aktiv an der Arbeit des Pfarrers beteiligt. Wisst ihr,
ich bin wirklich sehr froh und dankbar, dass sowohl Silke als auch meine
Mädchen sich aktiv am Gemeindeleben in Mödling beteiligen. Aber das quasi als
Voraussetzung zu definieren, diese Zeiten sind bei uns – Gott sei Dank – doch vorbei.
Ach ja: die PCG ist die älteste, ohne Unterbrechung
existierende christliche Kirche in Ghana. Das verdankt sie der „Basler Mission“,
die im Jahr 2015 ihr 200jähriges Bestehen feiert. Das Thema „Mission moves!“
hat mich sehr angesprochen und ich hoffe, hier noch ein paar Impulse mit nach
Hause nehmen zu können.
Morgen fahren wir gemeinsam mit Prince in die umliegenden
Dörfer, wo wir unter anderem die
weiteren Schulen des Projektes besuchen werden – hoffentlich mit Lili. Wir
freuen uns schon sehr darauf!
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