Mittwoch, 7. Januar 2015

Malaria




Wir hatten eigentlich gedacht, alle notwendigen Maßnahmen ergriffen zu haben, um eine Malaria-Infektion zu vermeiden. Wir schlucken täglich unsere Prophylaxe, haben unsere Kleidung imprägniert und sprühen uns brav mit Insektenschutzmittel ein, bevor wir das Haus verlassen. Aber auch die besten Präventionsmethoden sind nicht genug: gestern, also am Dienstag, ist bei Lili Malaria diagnostiziert worden. Am vorhergehenden Abend hat sie Durchfall bekommen, dann einmal gebrochen und Fieber bekommen. Der Arzt hat auf eine Gastritis getippt und den Malariatest eher nur routinemäßig angeordnet. Und dann war sie da, die ernüchternde Diagnose. Mein armes Kind hat drei wirklich riesige Spritzen verabreicht bekommen. Jetzt ist sie schon wieder am Weg der Besserung, der Appetit ist zurückgekehrt und sie kann schon wieder lachen. Der Arzt hat gemeint, dass bis Samstag alles vorbei sein sollte, da müssen wir nochmal zur Kontrolle ins Krankenhaus. Wenn wirklich alles gut ist, dann können wir am Sonntag unsere Rundreise wie geplant mit der Fahrt nach Tamale, der Hauptstadt des Nordens, fortsetzen.

Ich bin euch aber noch ein paar sehr schöne Erlebnisse schuldig, die ich unbedingt erzählen will:

Am letzten Freitag sind wir – wie geplant – zum Kakum National Park gefahren. Es gibt dort seit etwa 20 Jahren den sogenannten Canupy-Walk, eine 370 Meter lange und bis zu 40 Meter hohe Abfolge an Hängebrücken, die in den Gipfeln des Regenwaldes des Nationalparks befestigt sind. Ich hab mich wirklich schon sehr auf diesen Ausflug gefreut, ich hab aber auch schon ein bissi Bauchweh gehabt. Ich hab ja mit fortschreitendem Alter etwas Höhenangst bekommen, was z.B. bei unserem Wanderurlaub in Rohrmoos deutlich geworden ist, als wir über eine Stahlseilhängebrücke bei den Riesachfällen gehen mussten. Da hab ich mir wirklich fast in die Hose gemacht. Und jetzt über Hängebrücken aus Hanfseilen und einem simplen, engen Holzboden gehen? Und vor allem: einmal auf den Skywalk angekommen, gibt es keine Möglichkeit umzukehren…

Was soll ich sagen: es ist gut gegangen. Und es war wirklich extrem lässig! Silke ist aus dem Fotografieren gar nicht mehr rausgekommen – ihre zukünftigen Schüler/-innen werden also mit Bildmaterial aus erster Hand bestens versorgt sein! Und uns anderen hat es einfach getaugt, auf diesen schmalen Brücken zu gehen und die gewaltige Aussicht zu genießen. Es ist erstaunlich, wie schnell 370 Meter bewältigt sind.

 
 
 
 
Am Freitag Abend haben Silke und ich beim Youth Fellowship einen Vortrag über Österreich gehalten. Nach der ersten Präsentation über die diversen Fakten und Besonderheiten unseres Landes hab ich den jungen Leuten das nächste Thema freigestellt: Sehenswürdigkeiten, typisch österreichische Traditionen oder Evangelische Kirche. Und alle wollten etwas über unsere Kirche erfahren. Es war dann wirklich interessant, sie haben unglaublich viele Fragen gestellt, sich königlich über unsere 45-Minuten-Gottesdienste amüsiert (ach, doch so lange J) und über die Vor- und Nachteile geredet, wenn der Pfarrer nicht alle 4 Jahre wechseln muss.

Am nächsten Tag mussten wir dann endgültig von Familie Annoh Abschied nehmen. Es war eine tolle, unvergessliche Woche, in der wir auch einen kleinen Einblick in die ghanaische Küche bekommen haben. Wer sich traut wird zuhause sicher etwas zum Kosten bekommen J. Auch das Mitleben in einer ghanaischen Pfarrfamilie war spannend.


 
 

Der letzte Jahrgang muss sich in den Ferien auf die Examen vorbereiten
Nach etwas mehr als 3 Stunden sind wir in Kumasi angekommen und von Prince Appia-Fei, dem Leiter des Adumasa Link Projects, in Empfang genommen worden. Wir sind hier im Curtis-Guesthouse untergebracht, das seinen Namen von der Gründerin des gesamten Projekts bekommen hat. Vor ziemlich genau 20 Jahren ist Prince sehr kurzfristig eingeladen worden, einer Gruppe von Missionaren aus Großbritannien die Gegend zu zeigen, und er hat sich dazu entschlossen, nicht nur die typischen Plätze in Kumasi herzuzeigen, sondern mit der Gruppe auch in die Dörfer am Rand der Metropole zu fahren. Tief beeindruckt davon, dass viele Kinder nackt, ohne Schuhe und oft auch unterernährt herumgelaufen sind, noch dazu ohne Möglichkeit eine Schule zu besuchen, wurde das Adumasa Link Project aus der Taufe gehoben, dass den Kindern im Ort eine eigene Schule bescherte, die von Beginn an ihre Schüler/-innen auch mit Essen versorgt hat. Es gibt jetzt einen Kindergarten, eine Primaryschool (1.-6. Klasse, jeweils 2-klassig) und eine Junior Highschool im Ort. Und das Projekt ist jetzt auch in zwei Nachbardörfer gekommen. Prince hat das Projekt 10 Jahre lang ehrenamtlich geleitet, bevor er wegen der wachsenden Aufgaben als Leiter eingestellt worden ist. Noch immer werden z.B. seine Gehaltskosten von Großbritannien getragen, aber seit einigen Jahren ist auch die Evangelische Kirche Österreich hier sehr engagiert am Werk. Ich finde es ganz toll, dass wir als Kirche  diese wichtige Arbeit hier unterstützen. Nur ein Beispiel: das „Schulgeld“ beträgt hier für das Trimester 3 Cedi, also nicht einmal einen Euro. Und selbst diese Summe können sich manche Familien nicht leisten. Ich kann euch sagen: hier können wir wirklich was bewirken und unser Geld ist noch immer dringend notwendig. Ich bin überzeugt, dass Silke und ich versuchen werden, auch nach unserer Rückkehr immer wieder Hilfe an diesen Ort zu bringen.
Direkt nach unserer Ankunft hat uns Prince ein ghanaisches Spiel gezeigt und es mit uns gespielt: Oware! Es macht uns allen viel Spaß und wir haben uns auch schon eines gekauft, damit wir es auch einmal mit euch spielen können!
Markus bei seinem ersten Owarespiel mit Prince

Am Sonntag waren wir Gottesdienst – gemeinsam mit dem Ashanti-König! Wenn einer der regionalen Könige in diesem Land noch etwas reale Macht hat, dann ist es der Ashanti-König. Und jeden ersten Sonntag im neuen Jahr feiert er mit der PCG-Gemeinde in Kumasi. Als der Gottesdienst begonnen hatte, war der Thron noch zugedeckt und verwaist. Als dann die königliche Karosse vorgefahren ist, wurde der Thron bereit gemacht und er ist mitsamt seinem Hofstaat unter Hörnerschall eingezogen. Und als seine Rede am Programm gestanden ist, haben das wieder die Hörner angekündigt, bevor zwei seiner Männer ein Lied auf seinen Namen gesungen haben. Der König selbst wendet sich allerdings nie direkt an das Volk, d.h. er redet nur leise vor sich hin und zwei Linguisten verkündigen laut, was er zu sagen hatte. Sehr strange, aber natürlich super, dass wir das miterleben durften. Passend zum Gottesdienst an diesem Tag haben wir im Anschluss noch den King´s Palace und das Museum besucht.


Am Montag waren wir dann endlich mal auf Shoppingtour. Prince hat uns zum Cultural Centre geführt, wo typisch ghanaische Handwerkskunst gezeigt und zum Verkauf angeboten wird. Anschließend haben wir einen kurzen Abstecher in den Markt gemacht. Ich habe eigentlich gedacht, dass mich nach 4 Monaten Ghana nichts mehr in Stress versetzen kann, aber was sich dort abspielt, das kann man sich als gelernter Europäer einfach nicht vorstellen. Und so haben wir uns nach einer kurzen Visite bei Agnes´ Geschäft (sie ist die Frau von Prince) auch bald wieder zurückgezogen.
Agnes mit unseren Kindern in ihrem Marktstand

Am Dienstag, nachdem wir das mit Lili und der Malaria abgeklärt hatten, bin ich noch zur National Minister´s Conference gefahren, die diese Tage in Kumasi stattfindet. Am Gelände der Universität K.N.U.S.T. wurde in einem riesigen Hörsaal das Programm abgehalten.
Das Thema „The Minister and the family“ finde ich sehr spannend, aber einmal mehr haben sich doch tiefgreifende Unterschiede herauskristallisiert. Denn es war natürlich für alle klar, dass es nur dann funktioniert und eine fruchtbare Arbeit sein kann, wenn die ganze Familie sich aktiv an der Arbeit des Pfarrers beteiligt. Wisst ihr, ich bin wirklich sehr froh und dankbar, dass sowohl Silke als auch meine Mädchen sich aktiv am Gemeindeleben in Mödling beteiligen. Aber das quasi als Voraussetzung zu definieren, diese Zeiten sind bei uns – Gott sei Dank – doch vorbei.

Ach ja: die PCG ist die älteste, ohne Unterbrechung existierende christliche Kirche in Ghana. Das verdankt sie der „Basler Mission“, die im Jahr 2015 ihr 200jähriges Bestehen feiert. Das Thema „Mission moves!“ hat mich sehr angesprochen und ich hoffe, hier noch ein paar Impulse mit nach Hause nehmen zu können.

Morgen fahren wir gemeinsam mit Prince in die umliegenden Dörfer, wo wir unter anderem  die weiteren Schulen des Projektes besuchen werden – hoffentlich mit Lili. Wir freuen uns schon sehr darauf!

      

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