Donnerstag, 15. Januar 2015

Northern Presbytery

Kühlschrank auf Ghanaisch...
„Wer den Norden nicht besucht hat, der ist nicht in Ghana gewesen!“ – mit diesen Worten sind wir vom Clerk des Northern Presbytery, Rev. Samuel, begrüßt worden. Nach ca. 5 ½ Stunden Fahrzeit von Kumasi nach Tamale waren wir noch ganz beeindruckt vom Wechsel der Landschaft. Üppige und grüne Vegetation sind zur Hälfte der Strecke nach und nach einer Savanne und schließlich einer Art Steppenlandschaft gewichen, die, bedingt durch die Trockenzeit, mit Farben geizt und an Kargheit kaum zu überbieten ist. Es hätte uns nicht gewundert, wenn wir während der Fahrt eine Giraffe am Wegesrand gesehen hätten. Das Guesthouse des Presbyteries ist schon ein wenig in die Jahre gekommen, die Zimmer sind aber sehr sauber, nur die Tür schließt eher bescheiden, was zur Folge hat, dass neben einigen Moskitos auch ein Gecko in unserem Zimmer Zuflucht gefunden hat.

Am ersten Abend haben wir verschiedene Mitarbeiter des Presbyteries kennen gelernt und einen ersten Einblick in Größe, Arbeitsweise und Herausforderungen der PCG in diesem Teil Ghanas erhalten. Der Norden ist überwiegend muslimisch geprägt, wir werden auch mehrmals am Tag von diversen Muezzins verwöhnt. 
Besuch der Central-Moschee in Tamale
Die PCG hat im gesamten Gebiet, das immerhin von der Elfenbeinküste bis nach Togo reicht, nur knapp 8000 Mitglieder, was einem Anteil von 0,3% entspricht. 20 Pfarrer erledigen die Arbeit gemeinsam mit vielen haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Manche Pfarrer haben 20 Gemeinden zu betreuen, natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Aber dazu dann ein wenig später mehr! Wenn ihr euch mit der Geschichte der PCG im Norden vertraut machen wollt, dann kann ich euch die Website des Northern Presbyteries empfehlen (
http://www.pcgonline.org/index.php/presbyteries/31-northern-presbytery). Was mich schon sehr beeindruckt ist die Tatsache, dass die PCG hier viele Aufgaben übernimmt, die eigentlich die Regierung übernehmen müsste. Das beginnt bei einem „Water-Harvest-Project“
Das "Water-Harvest-Project" wird erklärt
, bei dem in Schulen, Krankenstationen und Dörfern Regenwasser gesammelt und zum Gebrauch aufbereitet wird, über Landwirtschaftsprojekte, um den Menschen, großteils Bauern, zu helfen, ihre Felder effizienter zu bebauen, bis hin zu einer Bank für Kleinanleger, die natürlich auch Microkredite an ihre Mitglieder vergibt. Vieles davon haben wir – zumindest ansatzweise – am Dienstag Vormittag gesehen und erzählt bekommen.

Am Dienstag Nachmittag sind wir in ein Dorf im Großraum von Tamale gefahren, aus dem die Frau des Chairman kommt. Ganz nebenbei: natürlich gibt es in seiner Familie auch Moslems, die selbstverständlich bei seiner Ordination und seiner Amtseinführung zum Chairman auch an den Gottesdiensten teilgenommen haben. Aber zurück zu unserem Besuch: Dörfer sind hier genau das, was wir uns darunter vorstellen: kleine Ansammlungen von strohbedeckten Lehmhütten - die runden für die Frauen, die eckigen für die Männer!  Der erste Weg hat zum „local chief“ geführt. In der größten Hütte des Dorfes ist er auf einem Podest gesessen, der mit Teppichen ausgelegt war. Der Rest des Raumes war kahl.
Beim "local chief"
Er hat sich anscheinend sehr über den Besuch gefreut, denn wir durften uns – ganz gegen das Protokoll – mit Schuhen nähern und auf einer Ebene mit ihm Platz nehmen. Der Chairman hat ihm wohl etwas Geld zur Begrüßung und als Zeichen der Verbundenheit  zugesteckt, ich habe dafür eine Kola-Nuss bekommen. Nach einer kurzen und interessanten Plauderei über die Herausforderungen für die ländlichen Gebiete sind wir in ein paar der Hutten gegangen, um die Familie des Chairman zu besuchen, bis wir schließlich wieder zum chief gegangen sind, um uns zu verabschieden. Und stellt euch vor: wir haben zum Abschied einige Yams-Wurzeln bekommen und ein lebendes Perlhuhn!
Es war für mich der beeindruckenste Tag unseres Ghanaaufenthaltes, auch deshalb, weil die Erlebnisse in diesem Dorf so unglaublich authentisch waren. Als wir dann wieder im Presbytery angekommen sind, hat es noch ein riesen Hallo gegeben. Denn das neue Auto, das schon seit 3 Jahren angeschafft werden soll, ist endlich angekommen. Noch nicht ganz ausfinanziert, aber wer weiß: vielleicht können da ja auch die neuen Partner der Evangelischen Kirche in Niederösterreich ein wenig helfen ;-). Ich durfte das Segensgebet für das neue Auto bzw. seine Nutzer sprechen.
Chairman Rev. Dr. Solomon Sule-Saa mit dem neuen Dienstwagen!


Wir sind hier jeden Tag zum Frühstück, Mittag- und Abendessen beim Chairman zu Gast. Und am Dienstag Abend, nach dem Essen, sind wir dann noch alle auf der Couch gesessen – die Lintner-family und die Sule-Saa-family – und haben zusammen und füreinander gebetet. Das war ein wirklich sehr berührender und schöner Moment der Verbundenheit, für den ich – wie für vieles andere hier – sehr dankbar bin.

Heute, Mittwoch, sind wir nach Yendi gefahren. Yendi ist die ehemalige Hauptstadt des Nordens und der Ort, von dem die Christianisierung des Nordens ausgegangen ist.
Heute ist von dem Glanz vergangener Tage nicht mehr viel über. Aber wir haben uns die dortige Gemeinde angeschaut und die Schule. 3 Kindergartengruppen mit je 80 Kindern,
9 Volksschulklassen mit bis zu 100 Kindern und eine Junior High School auch mit jeweils ca. 80 Jugendlichen pro Schulstufe. Unglaublich! Ach ja: 98% der Schüler/-innen sind natürlich Muslime, und auch der überwiegende Großteil der Lehrer/-innen. Der Pfarrer von Yendi feiert mit allen Kindern 2x Woche einen Gottesdienst in der Kirche, die am Schulcampus steht. Er ist auch der District-Minister. Was hier aber nicht bedeutet, dass er der Chef von einigen Pfarrern in seinem Grätzel ist, sondern er betreut den ganzen District – etwa 20 Pfarrgemeinden, und nur 2 davon haben ein Kirchengebäude. Wir haben dann eine solche „church under trees“ besucht. 3 Stunden hat die Gemeinde geduldig singend und tanzend auf unsere Ankunft gewartet.
Geleitet wird sie von einem jungen Mann, der auch die Gottesdienste leitet, weil der Pfarrer ja nur sehr selten da ist. Er ist einer der wenigen im Dorf, der Englisch kann und einer von 4(!) Personen, die lesen können. Der Kurator von Yendi hat am Beginn unseres Besuches erst einmal erklärt, dass sie nicht für sich stehen, sondern zum District Yendi gehören und dass das hier ihr Pfarrer ist. Und dass der District Yendi zum Northern Presbytery gehört, und dieses Presbytery wird von einer Person geleitet, und das ist ihr Chairman, der hier auf Besuch ist. Und dass sie als Christ/-innen zur weltweiten Kirche gehören und das ich ein Pfarrer einer solchen Gemeinde bin. Sehr spannend! Der Chairman hat ihnen dann Mut gemacht, eine eigene Kirche zu bauen, das Presbytery übernimmt die Kosten für das Dach. Und als der Wunsch nach einer neuen Trommel laut geworden ist haben Silke und ich spontan beschlossen, hier auszuhelfen.
Kirche unter Bäumen
Nach etwa einer Stunde sind wir wieder gefahren und haben zum Abschied – richtig – Yams und einen Hahn geschenkt bekommen.


Morgen schauen wir uns „Mile 7“ an, eines der Landwirtschaftsprojekte der Kirche. Und am Nachmittag ist Zeit zum Shoppen: Körbe, Lederwaren und Musikinstrumente sind hier angeblich zu bekommen und wir freuen uns schon darauf. Und am Freitag geht es dann zum Mole-Nationalpark. Wenn wir Glück haben werden wir Löwen, Elefanten und anderes Getier in freier Wildbahn bewundern können. Ob es geglückt ist? Das erfahrt ihr dann das nächste Mal J!

2 Kommentare:

  1. Dieter und ich waren damals auch im Mole-Nationalpark: wir sind von einem nahe gelegenen Dorf aus mit dem Fahrrad hingefahren! Und wir sind unterwegs einem richtig großen Elefanten direkt auf der Straße begegnet... Ich kann mich immer noch erinnern, wie spannend (und etwas erschreckend auch) es war: wir auf dem Fahrrad neben einem wilden Elefanten... bin schon gespannt, was ihr so erzählt! Alles Liebe! :)

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  2. Mit Lili hoffentlich wieder alles in Ordnung?

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