Samstag, 27. September 2014

Krobo is shining - oh yes!

Nach der ersten Schulwoche auf der Krobo Girls Presbyterian Senior Highschool will ich nun mal erzählen:


Suchbild: finde die Lintnerschwestern
Am ersten Tag war eine Versammlung aller Schülerinnen, bei welcher gleich einmal alle Regeln vorgelesen wurden. Dazu muss gesagt werden, dass man prinzipiell mal gar nichts darf, und für alles gepunished wird.  Die Schuluniform darf man nur im Unterricht tragen, das Arbeitskleid nur zum Arbeiten, und das Hauskleid nur in der Freizeit. Auch die Haare müssen abgeschnitten werden, und dürfen nicht länger als 10mm sein. Schmuck ist auch nicht erlaubt, abgesehen von dezenten Ohrsteckern, und einer Uhr, die aber nur schwarz sein darf. Handys dürfen gar nicht verwendet werden, also auch nicht in der Freizeit. Und wer sein Hymnen Buch nicht hat, wird auch bestraft. Die Regeln kann man übrigens im 205 seitigen Regelbuch nachlesen.
Die Direktorin
Etwas für mich wirklich gewöhnungsbedürftiges ist das junior-senior Prinzip, welches uns important Vanessa gleich am ersten Tag erklärt hat( also eigentlich heißt sie ja nichts so, wir haben sie nur so genannt, weil sie einfach eine von den ganz wichtigen ist, weil sie nie lacht, und eigentlich alle Witches sind). Bei diesem Prinzip hat man die Pflicht, einer älteren Schülerin zu gehorchen. Die Hirachie sieht also folgendermaßen aus: Ganz oben ist die Headmistress, dann die Lehrer, dann die Prefects, von denen es 25 gibt, dann alle aus Form 3, dann Form 2, dann Form 1.

Auch die Lehrer sind etwas anders, als bei uns. Die Schüler bei schlechten Prüfungsergebnissen  zu schlagen, ist hier noch Gang und Gebe, und auch sonst wird Freundlichkeit gegenüber den Schülern wohl eher missachtet als geschätzt, denn obwohl mir gegenüber alles sehr freundlich sind( mein Mathelehrer und ich sind sogar schon best friends), bin ich doch schockiert wie mit den Schülern umgesprungen wird, und wie sowohl Eltern als auch Schüler das einfach hinnehmen.

Obwohl Krobo Girls, die Elite Mädchenschule ist, ist sie ziemlich herunter gekommen. Der Müll wird entweder auf den Boden vor der Klasse geworfen, oder einfach aus dem Fenster, unsere Türe geht nichtmehr zu weil eine Seite aus der Angel gerissen wurde und auch von der Tafel fehlt ein Stück. Die Tische sind teilweise kaputt, wenn man Glück hat fehlt auch nur ein Eck, doch das ist alles nicht so schlimm, wenn man erst einmal die Klos gesehen hat. Klo ist nämlich noch sehr nett gesagt. Eigentlich sind es lange Rinnen, in einem Betonklotz, wo einfach jeder reinpinkelt. Und das ganze stinkt gewaltig!  Da fragt man sich schon, was mit dem ganzen Geld passiert, obwohl ich ja vermute, dass das die Direktorin bekommt, denn die wohnt in einer Villa, die genausogut in Österreich stehen könnte.
Ein sehr kleiner Teil meiner Klasse
Auch mit unseren Namen tun sie sich wirklich schwer, und so kommt es, dass Lisbeth meistens eine Elisabeth ist und ich Sister, oder the other one bleibe. Doch mittlerweile habe ich einen Krobonamen bekommen, den besonders meine Lehrer gerne verwenden. Dieser lautet concon, was soviel wie die 2 Geborene bedeutet, weil sie, nachdem sie zuerst geglaubt haben, wir seinen Zwillinge, und danach, das ich die Ältere bin, nun endlich gecheckt haben, dass ich die jüngere von uns beiden bin.

 Zuletzt möchte ich noch kurz von meiner Klasse erzählen. Also: ich bin in der Klasse 2 art 1a, gemeinsam mit 61 anderen Schülerinnen. Sie sind alle wirklich nett zu mir, und nehmen es mir auch nicht übel, wenn ich 10 Mal nachfrage was sie gesagt haben, und wenn ich ihre Namen noch immer nicht kenne, denn ich weiß gerade mal ein Drittel. Obwohl sie Österreich nicht zuordnen können, wollen sie viel wissen, angefangen vom Essen über die Schule, bis hin zum Klima, und auch für mich interessieren sie sich lebhaft. Dafür lernen sie mir Twi, geben mir ghanaisches Essen, und lernen mir Tänze und Lieder. Egal was ich mache, sie sind fasziniert davon. Als ich zum Beispiel in Physik meinen Taschenrechner verwendet habe, waren sie ganz begeistert davon, was man damit nicht alles machen kann, und den Fotoapparat hätten sie am liebsten behalten.

Zusammengefasst könnte man also sagen, dass zwar alle wirklich nett und bemüht sind, aber alles sehr diszipliniert ist, und ich nie gedacht hätte, dass ich mich nach den Klos in der Bachgasse sehnen werde







 

Dienstag, 23. September 2014

Big Ada – Ausflug ins Paradies


 
Die letzte Woche war schon ziemlich ereignisreich. Für die Mädls hat am Mittwoch endlich die Schule begonnen, sie gehen in die Krobo Girls´ Presbyterian Senior Highschool, eine der 2 Topschulen für Mädchen in ganz Ghana. Was das genau bedeutet werden sicher Lisbeth oder Kerstin in den nächsten Tagen selbst beschreiben J - sonst war die Woche geprägt von vielen Stromausfällen und quasi keinem Wasserdruck, was nicht nur die Körperpflege, sondern auch die Haushaltsführung unglaublich erschwert hat. Trotzdem war die Stimmung ganz gut, weil wir uns alle sehr auf das lange Wochenende in Big Ada gefreut haben. Die Infos im Reiseführer und ein kurzes Gespräch mit Samuel, dem Pfarrer von Big Ada, haben uns ein paar Tage am Meer und im Wasser erwarten lassen – und es ist  wirklich ein superlässiges Wochenende geworden!

Die Fahrt war wieder einmal kriminell: Theo ist bei mir am Schoß am Beifahrersitz gesessen, die Damen – natürlich ohne Gurt – auf der Rückbank. Der Fahrer hat es anscheinend sehr eilig gehabt und ist in einem affenartigen Tempo über die holprigen Straßen gebrettert, ist knapp aufgefahren und hat an unübersichtlichen Stellen überholt. Ob mein Gebet am Beginn der Reise uns vor Unfällen bewahrt hat oder der konziliare Fahrstil der anderen Verkehrsteilnehmer – ich weiß es nicht…


Kirche am - leider total verdreckten - Strand
Am Ziel angekommen wurden wir herzlich von Samuel in Empfang genommen und beim Begrüßungsplausch hat er uns auch gleich gesagt, welches Programm er sich für uns überlegt hat: Freitag-Vormittag ein Treffen mit den local leaders, dann Sightseeing zum Meer und zum Fluss, am Nachmittag ein Treffen mit den Councilmembers des Districts und Besuch beim hiesigen Markt. Am Samstag ein Treffen mit dem Major von Big Ada sowie ein Begräbnis und eine Hochzeit. Und am Sonntag dann der Gottesdienst und als Abschluss ein Gastauftritt in Samuels wöchentlicher Radiosendung. Uns ist das Gesicht eingeschlafen. Das war doch etwas mehr, als wir uns an Programm erwartet hatten und der erwartete Strandbesuch war gar nicht dabei.


Kerstin, Silke und Lili am Atlantik
Das Quartier war toll, eine schöne Doppelhaushälfte für uns alleine, und weil keine Küche vorhanden, sind wir mit allem versorgt worden, was wir zum Leben gebraucht haben, immer frisch serviert von Samuels Tochter Diana. Anscheinend hat die interne Kommunikation nicht so gut funktioniert, deshalb wurden wir am Freitag statt um 9 Uhr erst um 10:30 Uhr abgeholt, weshalb auch der Besuch bei der Lokalgröße ausgefallen ist, schade. Dann sind wir nach Ada Foah gefahren, dem zweiten Stadtteil von Ada, und haben die dortige Kirche samt Pfarrer besucht – und den ersten Blick auf den Atlantik werfen können, der in unmittelbarer Nähe zur Kirche tosend an die Küste brandet. Als wir dann zum Meer hingefahren sind war uns sehr schnell bewusst, dass wir in diesem Meer nicht schwimmen würden. Erstens waren die Wellen wirklich furchteinflößend, und zweitens waren der Strand und das Meer dermaßen verdreckt, dass es uns wirklich gegraust hat. Dass an diesem Strand die großen Meeresschildkröten ihre Eier ablegen ist kaum zu glauben.

Bootsfahrt mit Kurator und Rev. Samuel (mit Hut)
Dann sind wir weiter zu einem netten Hotel, von dem aus wir eine wunderschöne Bootstour am Volta-River gemacht haben, bis hin zur Mündung des Flusses ins Meer. Und es war atemberaubend, überwältigend, paradiesisch. Sonnenschein, ein palmengesäumter Sandstrand, das ruhige Wasser des Flusses – echte Postkartenidylle! Da hat auch der kurze Stopp perfekt gepasst, um schnell ein paar Kokosnüsse zu genießen. Wobei ich zugeben muss, dass wir nicht unbedingt begeistert waren. Aber es ist ein bisschen Urlaubsfeeling aufgekommen und wir haben gemerkt, dass wir uns nach den 6 Wochen in Odumase Krobo nach etwas „Luxus“ sehnen. Also haben wir beschlossen, dass wir die Hochzeit und das Begräbnis am nächsten Tag ausfallen lassen werden, um einen Urlaubstag in einem der Hotels als Tagesgäste zu verbringen.
Don´t forget the name Jesus - allgegenwärtige Glaubenszeugnisse

Am Nachmittag sind wir dann – wie geplant – nach Kaseh Junction gefahren um die District-Members zu treffen. Ein nettes Kennenlernen, Grußworte von uns, Fragen beantworten und ein paar dienstliche Besprechungen in dem uns unverständlichen Landesdialekt und dann ein Fototermin. Im Anschluss sind wir noch kurz durch den Markt geschlendert, der leider schon wieder abgebaut wurde. Zuhause haben wir dann gemerkt, dass wir die tropische Sonne wohl unterschätzt haben und haben so gut wie möglich unsere Sonnenbrände behandelt – endlich wieder im elektrischen Licht, der Strom war zur Freude aller wieder da.

Die Kokosmilch schmeckt nicht so wie erwartet ;-)
Der Samstag war dann ein Luxus-Urlaubstag in einer nagelneuen Hotelanlage – dem Aqua-Safari-Resort. Einen halben Tag lang haben wir den Pool genossen, Theo hat Sand gespielt, wir haben einen Cocktail geschlürft und ein europäisches Essen im Restaurant genossen und Silke entdeckte voller Freude, dass es auch Cappuccino gibt. Aber die Überraschung des Tages war, dass mich plötzlich ein Mann mit „Servas!“ begrüßt hat. Der General Manager ist ein Linzer und es war richtig schön, mal wieder mit jemanden in der eigenen Sprache zu plaudern.

Die Presbyter/-innen von Big Ada
Der Gottesdienst am Sonntag war richtig schön und hat „nur“ 3 ½ Stunden gedauert. Wir sind herzlich empfangen worden, die Mädchen sind mit Diana in den Jugendgottesdienst (entspricht angeblich eher einer Sonntagsschule) gegangen, für uns waren Liedbücher bereitgelegt und wir haben im Gottesdienst die Chance bekommen, ein wenig über uns, Österreich und die Evangelische Kirche in Österreich zu erzählen. Und im Anschluss wurden wieder Fotos geschossen: mit dem Chor, den Presbytern, dem Men´s Fellowship und dem Women´s Fellowship.


Live on air in Radio Ada
Samuel mit Frau und Diana
Wisst ihr, es war vor allem diese herzliche Aufnahme, die uns so gut getan hat. Das war wirklich die ghanaische Gastfreundschaft in Reinkultur. Samuel hat ein tolles Programm für uns ausgearbeitet, war aber immer bereit, auf unsere Wünsche einzugehen – und hat auch danach gefragt. Seine Frau hat uns mit herrlichem Essen versorgt, dabei war ihr sehr wichtig uns Dinge zu servieren, die uns auch schmecken. Der Kurator der Pfarrgemeinde hat uns mit seinem Auto kutschiert  und den ganzen Tag mit uns im Resort verbracht, um für uns da zu sein. Und zum Abschied haben wir noch jeder ein selbstgebasteltes Armband von Diana geschenkt bekommen.

Der Abschied nach der Radiosendung ist uns wirklich schwer gefallen. Wir wären gerne noch länger hier im Paradies geblieben! 








Montag, 15. September 2014

Fulfilled with the Holy Spirit!







Der Freitag war ein durch und durch ereignisreicher Tag! Zuerst waren wir – endlich – bei der Headmistress der Presbyterian Krobo Girl Senior Highschool, um die Details für den Schulbesuch von Lisbeth und Kerstin zu klären. Dann bin ich mit Janet und dem Trotro nach Koforidua gefahren, um endlich unsere heiß ersehnten Packerl mit Köstlichkeiten aus der Heimat abzuholen, und dann, am Abend, sind wir mit „unserem“ Taxidriver nach Somanya gefahren, um den letzte Gospelabend dort mitzuerleben. Und von diesem Abend muss ich euch unbedingt berichten!

Wir sind ca. eine halbe Stunde zu spät gekommen, der Taxler war nicht pünktlich. Das war aber kein großes Problem, es wurde gerade gesungen als wir am Kircheneingang herzlich willkommen geheißen und – natürlich – in die erste Reihe fußfrei geführt wurden. Und uns war recht schnell klar, dass wir hier kein Gospelkonzert hören würden, so wie wir es uns insgeheim erhofft hatten. Denn die Musik war wieder dermaßen laut, dass wir uns so schnell wie möglich etwas in die Ohren gestopft haben, um die Gefahr eines bleibenden Gehörschadens zu begrenzen. Aber die Stimmung war fantastisch! Die Kirche rammelvoll, ca. 1/3 Kinder und 1/3 junge Menschen, es wurde gesungen, getanzt, gefeiert, die weißen Taschentücher, Ausdruck für die Lebensfreude, wurden immer wieder wie wild geschwungen, und ich war das erste Mal richtig traurig, kein eigenes Taschentuch zu haben.

Nach diesem mitreißenden Eröffnungsteil betrat der Gastprediger die Kanzel, an seiner Seite ein „Simultanübersetzer“, und was jetzt folgte, habe ich bis dahin nur aus dem Fernsehen gekannt. Also wenn ein Pfarrer, den ich selbst live erlebt habe, jemals das Prädikat „Praecherman“ verdient hat, dann er.  Seine Botschaft war einfach und eindrücklich, seine kurzen Sätzen oder Satzsequenzen in Englisch wurden umgehend in Krobo, den hiesigen Dialekt übersetzt, und so entstand eine unglaubliche Dynamik, welche die Kirchenbesucher zu wahren Begeisterungsstürmen hingerissen hat. Ihr wisst (oder zumindest viele von euch), dass das nicht meine Art der Frömmigkeit ist, aber ich bin nach Ghana gekommen, um mich auf Neues einzulassen und ich hab gewusst, dass mich ein sehr charismatisches Christentum erwarten wird. Und insofern haben ich den Abend bis hierher auch wirklich sehr genossen und mich von der gewaltigen Stimmung mitnehmen lassen.

Bis hierher! Denn dann ist die Stimmung gekippt. Der Preacherman hat mit seinem Rede-Schrei-Stakkato einige der Menschen dermaßen emotionalisiert, dass plötzlich (hauptsächlich junge) Frauen in den Altarraum getragen wurden, die sich ekstatisch zuckend am Boden gewälzt haben bzw. von anderen festgehalten wurden, um in ihrer Geisterfülltheit nicht sich oder anderen Schaden zuzufügen. Und statt die Stimmung zu beruhigen, wie ich das erwartet hätte, hat der Prediger das Tempo angezogen und die Stimmung weiter geschürt. Die Gesänge sind mehr und mehr zu einem unverständlichen Geschrei geworden und wir haben uns wirklich sehr unwohl gefühlt. Deshalb sind wir dann um 22 Uhr vorzeitig in Richtung Heimat aufgebrochen.

Rev. Paul, der Ortspfarrer, hat uns noch vor die Türe begleitet und gewartet, bis unser Taxi da war. In der Zeit haben wir über die Ereignisse in der Kirche geredet, und er hat lapidar gemeint: „That´s the Ghanean way to worship!“ und uns erklärt, dass das einfach mit der jahrhundertealten Kultur zusammenhängt, dass solche Verzückungen auch beim Besuch der Fetische üblich gewesen sind und jetzt halt auch Teil der christlichen Kultur sind. Ich gebe zu, dass mich die Erklärung ein bisschen beruhigt hat, mir aber auch gezeigt hat, wie gewaltig die Unterschiede zwischen Afrika und Europa, zwischen Österreich und Ghana sind. Auch auf dieser Ebene.

Ich bin trotzdem sehr froh, dass ich heute in einem ganz normalen Gottesdienst gewesen bin – wobei das eigentlich auch nicht stimmt. Nachdem Silke und ich heute um 6(!) Uhr aufgestanden sind um zum Englisch-Service vor Ort zu gehen und dann vor einer leeren Kirche gestanden sind, habe ich mich etwas halbherzig um 9:30 Uhr alleine auf den Weg zum Gottesdienst gemacht. Und wurde überrascht, denn es wurden in dem Gottesdienst 25 junge Menschen konfirmiert und etwa die Hälfte von ihnen davor noch getauft. Und es war schön zu sehen, dass diese jungen Christinnen und Christen fulfilled waren vom Holy Spirit – und trotzdem im Besitz ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten geblieben sind. Wen stört es dann schon, dass die Feier in der Kirche 4 Stunden gedauert hat…

Dienstag, 9. September 2014

Einmal Zivilisation und zurück


Was für ein aufregender Tag, endlich wieder einmal Abwechslung … schon um 7.00 ging es los nach Accra. Wir waren aufgeregt wie kleine Kinder, weil wir wussten, dass wir heute auch in eine Shopping Mall fahren! Da warfen wir auch gleich unser europäisches Sicherheitsdenken über Bord als wir uns wieder einmal zu sechst in Stephens Auto quetschten. Während ich mit meinen Kindern versuchte auf der Rückbank einigermaßen bequem Platz zu finden, durfte Markus wieder in der ersten Reihe mit Sicherheitsgurt und Aircondition thronen.

Mit jedem Kilometer kamen wir der Zivilisation näher. Nicht nur, dass das Umland immer mehr gepflegt wirkte, die Wellblechhütten sehr oft von richtigen Häusern durchbrochen waren und der Zustand der Straßen deutlich besser wurde, auch der Verkehr wurde immer dichter. Schließlich stauten wir ns in die Stadt und die mit 1 ½ Stunden anberaumte Fahrtzeit verdoppelte sich (was den Bequemlichkeitsgrad auf der Rückbank nicht verbesserte). Stephen nutzte den Stau und erledigte seine Einkäufe bei den zahlreichen Straßenhändlern. Wir hatte dabei das Glück, dass wir Plantine-Chips kennenlernten – eine echte Leckerei.

PCG Headquarter
Schließlich erreichten wir das Headquarter der PCG in Accra und ich gestehe, dass unser Oberkirchenrat da schon pompöser rüberkommt. Aber das Gebäude wurde bereits durch ein neues ersetzt und der Umzug in dieses ist angeblich bald. Schließlich, nach einer stürmischen Begrüßung von Esther, landeten wir in Samuels office, wo wir gleich einmal mit Wasser versorgt wurden. Dann kümmerte er sich darum, dass wir die richtigen Formulare für die Verlängerung unserer Visa bekommen.

Sp nebenbei, da passiert die wirkliche Abzocke. In Österreich bezahlten wir für die 6-Monats-Visa € 750,-. Bei der Einreise bekommt man einen Stempel, auf dem vermerkt ist, dass das Visum nur 60 Tage gültig ist – warum?, keine Ahnung oder um Geld zu verdienen. Denn die Verlängerung kostet wieder ca. € 250,- plus Passbilder.

Wie auch immer, wir haben die richtigen Formular und dann besuchten wir gemeinsam mit Samuel und Stephen  den Clerk of the General Assembly. Dort waren auch schon Chairman Fred und Emanuel, der Direktor von Bana Hill. In einem intensiven Gespräch wurde besprochen, was Markus und auch ich im nächsten halben Jahr neben den bereits fixierten Terminen noch  arbeiten sollen. Außerdem erhielten wir eine Einführung über die unglaubliche Wichtigkeit einer Klimaanlage zuhause, die wir uns, wenn wie es uns leisten können, hier einbauen lassen sollten. Wir versicherten mehrmals, dass es auch so wirklich gut geht, wobei wir vorgewarnt wurden, dass es noch deutlich wärmer wird.

Schließlich wurden wir mit einem sehr schönen Gebet verabschiedet und machten uns auf zur Bank, um für die große Shoppingtour auch ausreichend Geld zu haben. Tatsächlich fanden wir einen Bankomat, der auch meine Karte akzeptierte. Leider fand er sie nach den ersten 100 GHC so toll, dass er sie nicht mehr hergeben wollte, was uns eine halbe Stunde Wartezeit in der Bank bescherte. Wir konnten sie dann aber mit Karte und Geld verlassen, schlichteten uns wieder ins heiße Auto und fuhren endlich (!) zur Shopping Mal.

Und dann waren wir nicht nur in der Zivilisation sondern im Paradies. Wir betraten eine klimatisierte Mall mit Geschäften aller Art und einem riesigen Supermarkt (ich würde es mit einem Mini-Walmart der USA vergleichen und das soll bei mir als erklärter Walmart-Fan was heißen). Lili hüpfte um mich herum und meinte, dass sie nie gedacht hätte, dass sie sich einmal so über Lebensmittel freuen würde. Wir haben dann auch im großen Stil eingekauft und richtige Butter, Joghurt, Zucker, Fleisch, Schokolade, Kekse, Kochlöffel, Backpulver, Gewürze, Kuchen und Ketchup erstanden. Für die Heimfahrt gab es für die Kinder noch Pommes,  die sie mit Genuss und strahlenden Gesichtern im Auto verdrückten. Da fiel der Platzmangel gleich gar nicht mehr auf.

Nachdem wir den Stau hinter uns gelassen hatten, fuhren wir zügig den Regenwolken entgegen. Es wurde so richtig finster und schließlich prasselte es los. Unglaublich in welch kurzer Zeit sich Nebenstraßen in reißende Bäche verwandeln und die Hauptverkehrsverbindungen teilweise unter Wasser stehen. Durch Schlamm watend haben wir dann auch unsere teuren Schätze ins Haus getragen. Jetzt sitzen wir da glücklich und zufrieden, wir haben gut gegessen, mit guten Freunden geskypt und werden uns jetzt mit Theo einen Film ansehen und uns diesen mit Plantine-Chips „versüßen“.



Samstag, 6. September 2014

Ghana Wedding Service

Wir waren schon vorgewarnt: am Samstag findet eine Hochzeit in der Kirche statt, danach wird in der Superintendentur gefeiert. Also haben wir beschlossen, das Beste daraus zu machen – und einfach mitzufeiern J
Ab ca. 4:30 Uhr (!) in der Früh wurde schon fleißig gearbeitet, und doch sind die Vorbereitungen erst fertig geworden, während wir schon in der Kirche waren. Was aber die Band nicht abgehalten hat, ab 9 Uhr einen 4-stündigen Soundcheck durchzuführen, „One-Two“ und „Halleluja“ oder „Praise Jesus“ kann ich jetzt im Traum mitsprechen und sicher jeder aus unserer Familie kennt den richtigen Bassrhythmus dazu. Wir haben diesen ja den ganzen Tag in unserem Haus gespürt.

Geplanter Beginn der Trauung: 12 Uhr. Wirklich losgegangen ist es um 13 Uhr. Die Kirche war rammelvoll, wunderschön geschmückt und voller Begeisterung und Lebensfreude. Es war genau so, wie ich es mir vorgestellt habe: es wurde gesungen, geklatscht, getanzt, gejubelt, gebetet – aber NICHT geküsst. Das Beweisvideo habe ich hochgeladen!







Ein wirklich brennendes Thema dürfte hier das Thema „Homosexualität“ sein. Denn auch beim heutigen Wedding-Service konnte es sich der Prediger nicht verkneifen darauf hinzuweisen, dass eine Hochzeit nur zwischen Mann und Frau möglich ist und nie zwischen zwei Männern.

Bei der Kollekte kennen wir uns jetzt auch schon besser aus. Die erste Kollekte wird immer für die Gemeinde gesammelt, die zweite heute war für das Brautpaar, sozusagen als Starthilfe oder zur Deckung der Unkosten. Denn immerhin wollen alle 200 Gäste nach dem Gottesdienst versorgt werden. Für jeden Gast in ein kleines Sackerl hergerichtet, in dem etwas zum Trinken und eine Kleinigkeit zum Essen zu finden ist. Eine „Sackerl-Agape“ quasi J!

Das Chaos danach
Im Anschluss wurde dann ausgiebig vor unserem Haus gefeiert. Das Brautpaar ist die geschätzten 50 Meter von der Kirche mit dem Brautauto gebracht, die Braut musste während dieser Fahrt in der Mitte der Rückbank sitzen. Die Feier war fröhlich, ausgelassen – und ständig sollte jemand zu Gunsten des Brautpaares Geld hergeben. Um 18 Uhr hat sich die Gesellschaft aufgelöst, das Brautpaar ist wohl mit einigen wenigen ausgewählten Gästen noch in ein Hotel gefahren, wo im kleinen Rahmen weiter gefeiert wird. Und wir genießen die Ruhe, die wieder vor unserem Haus eingezogen ist. Dass es noch einiges zu tun gibt, könnt ihr auf dem letzten Foto erkennen. Mal schauen, ob das wieder ab 4:30 Uhr passiert…


Donnerstag, 4. September 2014

ST. Martin de Porres Hospital


Das letzte Eis hätte ich wohl besser gelassen, genauso wie den Hungerstreik. Naja wie sagt man so schön: Im Nachhinein ist man immer klüger. Was ich davon hatte? Lest selbst!

Das Krankenhaus darf man sich nun natürlich nicht vorstellen, wie unsere hochmodernen, gut ausgestatteten und sauberen Krankenhäuser. Nein es ist vielmehr aus einzelnen Häusern zusammengestückelt, in denen sich Bänke und eine Art Feldbetten befinden, und dazwischen laufen die Hühner hin und her. Aber wenn man keine andere Wahl hat, nimmt man wohl das, was man kriegen kann.
Die Anmeldung ist ja noch ganz nett, wenn auch nicht vertrauenserweckend. Man bekommst seinen eigenen Folder und sie Messen sowohl Blutdruck als auch Temperatur. Sobald man das erledigt hat, wird man in einen Behandlungsraum geführt, ein einfaches Zimmer mit Sessel und Tisch. Dort muss man dann alle möglichen Fragen beantworten, und da ich ja Diabetikerin bin, haben sie auch meinen Blutzucker gemessen. Zu meinem Erstaunen geschah das mit einem Messgerät, dass ich selbst auch besitze, anstatt der Stechhilfe wird jedoch eine Nadel verwendet, die nicht gerade klein ist. Ich glaub das war das erste Mal, dass ich es bereut habe mein Blutzuckermessgerät nicht dabei zu haben. Der Wert war auch etwas ungewöhnlich, oder zumindest habe ich noch nie 13.9 gemessen… Danach wurde mir Blut abgenommen, um Malaria auszuschließen. Zuerst wurde mir mit der gleichen dicken und langen Nadel, welche auch zum Blutzuckermessen verwendet wurde, in den Handrücken gestochen. Ich glaub mit Venen treffen haben sie´s auch nicht so, denn als die Nadel dann mal unter meiner Haut war, hat er noch gut eine Minute rumgestochert ,was zugegeben sehr schmerzhaft war, bevor er festgestellt hat, dass er hier keinen Erfolg hat. Daraufhin hat es ein anderer mit einer dünneren Nadel versucht. An dieser Stelle muss ich kurz anmerken, dass ich echt erstaunt war, dass die Nadeln jedes Mal frisch ausgepackt wurden!
 Zum Glück hatte der mehr Erfolg, auch wenn es nicht wirklich angenehmer war. Sollte ich mich jemals über das Blutabnehmen in Mödling beschwert haben: Es tut mir leid aber ich hatte ja keinen Vergleich! Danach wurde das Blut auch sofort untersucht, und rausgekommen ist: also Malaria ist es nicht und Blinddarm kann auch ausgeschlossen werden. Der Arzt hat auf Gastritis getippt…zumindest wenn wir ihn richtig verstanden haben^^ Danach wurden mir 2 Medikamente verschrieben. Das erste haben wir gleich dort bekommen, das Zweite bekommen wir morgen aus der Apotheke.


Zusammengefasst was ich von meinem Sturkopf und meinem Hungerstreik hatte: einen Besuch im ghanaischen Krankenhaus, zwei blaue Hände, und Reis für die nächste Woche minimum! In Wahrheit  war ich jetzt nur seit 4 Wochen nichtmehr im Krankenhaus und habe mich danach gesehnt. Da das in Ghana aber nicht so toll ist, wie das in Mödling, hab ich beschlossen nicht nochmal hinzugehen;)



PS: Die schönen Fotos hat mein unsensibler Vater gemacht…..leider waren es zu viele....



Hühner im Warte/ Behandlungszimmer

Nicht so gut gelaunt nach dem Blutabnehmen
Hauseigene Apotheke


´Haha leider weiß ich selbst nicht was Papa da fotografiert hat^^


Nicht in Stimmung für ein Selfie


Das Wartezimmer








Mittwoch, 3. September 2014

Bana Hill Lay Training Centre



Bana Hill - Hauptgebäude
Hier sollten wir ursprünglich wohnen. Bei unserem ersten Gespräch mit Seth, dem ghanaischen Pfarrer in Wien, hatte er schon einen genauen Plan. Wir sollten nach Bana Hill kommen, einer alten Mission, die seit wenigen Jahren als Schulungsstätte für Laienprediger dient. Die Fotos waren vielversprechend und wir haben uns sehr auf unseren Aufenthalt dort gefreut – bis die Kirche in Ghana beschlossen hat, uns dort nicht wohnen zu lassen.


Seit Montag unterrichte ich in Bana Hill 10 angehende Laienprediger in Homiletik. Und seit der ersten Fahrt dorthin bin ich heilfroh, dass wir in Odumase-Krobo gelandet sind und nicht in Bana Hill wohnen. Bana Hill liegt, wie der Name schon vermuten lässt, auf einem Hügel. Und die „Straße“ dorthin verdient ihren Namen wirklich nicht. Nach 3 Wochen Ghana war ich ja schon gewohnt, dass die Straßen hier von Schlaglöchern nur so strotzen. (Ein ghanaischer Pfarrer, der die Gemeinde in Chicago betreut und zu Besuch in Ghana war hat lachend gesagt: Die Fahren hier, wie ihr in Österreich Ski fahrt – Slalom!) Der Weg zur alten Mission ist aber nicht mal ein richtiger Forstweg, er führt teilweise über nackte Felsen und über ausgewaschene und von tiefen Furchen durchzogene Feldwege. Eine Höchstleistung von Fahrer und Fahrzeug – und von meinen Bauchmuskeln, mit denen ich versuche, meinen Rücken von den Stößen und Schlägen zu schützen.

Blick über Odumase
Ober angekommen hat man einen phantastischen Ausblick, der einen für die Strapazen belohnt. Der Blick über das ganze Tal von Odumase ist hier offen und endet erst in der Ferne bei den Ausläufern des Volta-Stausees. Und – es herrscht Stille! Nachdem es in unserem Quartier doch oft recht laut ist, habe ich die Ruhe des Ortes so richtig genossen.


Der alte Brunnen
Direktor Rev. Emanuel
Der Direktor von Bana Hill, Rev. Emanuel, hat mich herzlich in Empfang genommen und mir Bana Hill vorgestellt. Es ist ein richtiger Campus, es stehen viele Gebäude seit der Errichtung durch Basler Missionare vor etwas mehr als 100 Jahren. Leider ist der Verfall der meisten Gebäude weit fortgeschritten und auch der alte Brunnen ist versiegt. Und obwohl die Schule eine Einrichtung der PCG ist, und obwohl die Ausbildung von Laienpredigern notwendig ist um die pastorale Versorgung vor allem in den vielen ländlichen Gemeinden zu sichern,  fehlt es vor allem an einem: an Geld! Es wäre so gut und wichtig, einige der alten Gebäude wieder in Schuss zu bringen, um den Schüler/-innen 2-Bett-Unterkünfte anbieten zu können. Momentan sind sie in 2 Großraumschlafsälen untergebracht – einer für Männer, einer für Frauen, die  hier auf Matratzen am Boden schlafen. Außerdem ist der Pickup-Truck des Zentrums schon sehr in die Jahre gekommen, wenn ich in der Früh abgeholt werde, dann ist der Wagen schon von weitem zu hören. Dass das Vehikel diese Straße mehrmals pro Tag fahren muss und noch immer seinen Dienst tut, ist fast ein Wunder. Und natürlich wünscht sich der Direktor nichts mehr, als das die Straße zu ihnen Zementiert werden kann, weil eine funktionierende Infrastruktur alle anderen Aufgaben unglaublich erleichtern würde.


  1. Klassenzimmer
Die 10 Studenten haben mich sehr herzlich aufgenommen, und nach anfänglichen Sprachschwierigkeiten (auf beiden Seiten) klappt es von Tag zu Tag besser. Am Samstag ist der 3-Wochen-Kurs zu Ende und damit der dritten von fünf Teilen absolviert. Und natürlich steht am Ende jedes Kurses eine schriftliche Prüfung.  Es ist für mich immer wieder erstaunlich, das tiefe Vertrauen der Studenten in ihren Gott miterleben zu dürfen. Jede Bibellesung wird mit einem „Amen“ beendet, am Beginn und am Ende jeder Unterrichtseinheit wird ein Gebet erwartet, und immer wieder wird der Kern der Botschaft herausgearbeitet und bekräftigt: „Jesus ist he Messiah! Believe in Jesus and he will save and protect you!“


Blick auf die Küche - hier wird für alle Anwesenden gekocht
Papaya zum Selberpflücken
Am Ende des Unterrichts bin ich bei Rev. Emanuel zum Essen eingeladen. Abgesehen von der unglaublichen Schärfe aller Saucen ist das Essen immer sehr gut und ich bekommen einen schönen Einblick in die Ghanaische Küche. Außerdem sind die Gespräche mit dem Direktor immer sehr interessant und ich lerne unglaublich viel über Ghana, die Kirche, die Wirtschaftsprobleme des Landes und ähnliches.


Ich merke aber doch, dass ich für diese 5 Stunden am Tag unglaublich viel Kraft brauche, das ständige Englisch ist noch immer ungewohnt und fordert mich heraus. Aber was soll´s – einem feinen Nachmittagsschläfchen steht ja nichts im Weg J!