Montag, 8. Dezember 2014

Österreich-Woche in Odumase Krobo



Eric, Markus, Lili, Silke, Theo, Kerstin und Ehepaar Tekpetey
 

Es ist ein Wahnsinn! Momentan wird es immer heißer, auch wenn ich das nicht gedacht hätte. Aber die Hitze hat jetzt auch schon den Innenraum erobert und ist nur mehr mit den Deckenventilatoren zu ertragen. Und auch Duschen ist nur mehr bedingt erfrischend, weil das Wasser durch die Sonne in den letzten Tagen richtig warm geworden ist. So schleppen wir uns vom Haus zum Markt und wieder zurück und sinken erschöpft unter dem Ventilator in den Fauteuil und versuchen den Wärmehaushalt wieder auf Gleich zu bringen. Aber wenn ich dann höre, dass sich in Österreich in den letzten Tagen die Sonne gar nicht gezeigt hat, dann finde ich die Hitze gleich wieder erträglicher J.

Die letzte Woche waren wir sehr beschäftigt. Ende Oktober bin ich zu Pfarrer Tekpetey von der Zimmermann-Congregation gegangen und habe gefragt, ob er nicht Interesse hätte an einem Vortrag über Österreich, und wenn er mag, könnte ich auch gerne einmal predigen. Am nächsten Tag ist er dann vor meiner Tür gestanden und hat gesagt, dass er mit seinen Presbytern geredet hat, und sie freuen sich, wir sollen bitte von 1.-5. Dezember jeden Abend so eine Stunde von unserer Heimat erzählen, und am 7.Dezember soll ich doch bitte im English-Service predigen. Das hat man davon!

Wie immer haben Silke und ich den Termin herankommen lassen, ohne die Zeit in diese Richtung zu nutzen. Und so ist es zum Schluss natürlich wieder richtig eng geworden. Aber wir haben es geschafft und waren am Montag bereit, ein Stück Österreich nach Ghana zu bringen. Unser Abend sollte um 19 Uhr beginnen, und nachdem wir natürlich eine Powerpoint-Präsentation vorbereitet hatten, sind wir schon um 18:30 in die Kirche gegangen um zu prüfen, ob der Laptop auch wirklich mit dem Beamer reden mag.

Eigentlich sollten wir nach fast 4 Monaten Ghana schon klüger sein!

Bis um kurz vor 19 Uhr waren wir allein in der Kirche. Beamerprobe also Fehlanzeige.  Dann sind die Techniker gekommen, alles hat funktioniert – aber es war schon etwa 19:15 Uhr und es waren vielleicht gerade 5 Leute da - und keine Spur vom Pfarrer. Um 19:30 Uhr ist dann Eric gekommen, ein echt lustiger Kollege, der eine Pfarrgemeinde der PCG in Südafrika leitet und gerade auf Heimat“urlaub“ ist. Er war unser Übersetzer, denn die meisten Menschen verstehen eigentlich nur sehr, sehr wenig Englisch, und deshalb musste alles in Krobo übersetzt werden. Ja, und dann – dann wurde einmal gesungen und gebetet. Wir haben also so gegen 20 Uhr mit dem Vortrag beginnen können. Und zu der Zeit waren dann fast 50 Personen in der Kirche. Eric hat übersetzt, wobei das eigentlich nicht ganz stimmt. Er hat interpretiert, erklärt, beschrieben – was natürlich immer recht lange war. Und wir sind sehr schnell drauf gekommen, dass wir gut die Hälfte des Vortrags streichen müssen, weil die Menschen hier mit diesen Infos nichts anfangen können. Dass das beim Wetter und dem Thema Schnee passiert, das war uns ja noch klar. Als wir aber gemerkt haben, dass niemand, einschließlich dem Pfarrer,  etwas mit einem „Opera house“ anzufangen wusste, hat uns das doch wieder gezeigt, wie unterschiedlich die Lebenswelten doch sind. Sehr lustig waren auch die Heiterkeitsausbrüche sowohl bei Erich als auch unseren Zuhörern über  uns „crazy Austrians“. Sie konnten es nicht fassen, dass Kerstin als Hobby auf Pferden reitet, wir  gerne  Kaiserschmarrn essen (nachdem geklärt wurde, was das überhaupt ist) und uns mit Schiausrüstung von einem Lift in die Berge transportieren lassen. Es war wirklich schön, ein bisschen Österreich nach Ghana zu bringen, und ich hab mich natürlich sehr gefreut, dass wir – bis auf Theo – wirklich als Familie erzählt und vorgetragen haben.

Am Samstag bin ich dann recht spontan zum Begräbnis eines Kollegen mitgefahren. Eric hat mich darauf angeredet und sich auch wirklich sehr um mich gekümmert und mir vieles erklärt und meine Fragen beantwortet. Der Verstorbene lag bei unserer Ankunft halb aufrecht in seinem Sarg, und zwar im vollen Ornat: Talar, Bäffchen und Stola. Über dem Leichnam war eine kleine Discokugel angebracht, die bunte LED-Lichter über die Szene warf. Als der Gottesdienst losgegangen ist, wurden dann weiße Tücher um den Sarg gespannt und der Sarg geschlossen. Zur Information über den Verstorbenen wurde ein richtiges kleines Heftchen verteilt, dort war neben dem Gottesdienstablauf und den Liedtexten auch ein Lebenslauf und  Nachrufe vorn seiner Frau, den Kindern, Vertretern der PCG usw. zu lesen. Und ich hab meinen Augen nicht getraut. Der Mann ist schon am 10. August (!!) gestorben.  Also noch bevor wir nach Ghana gekommen sind. Aber Eric hat mir erklärt, dass das ganz normal ist in Ghana, was vor allem an den horrenden Begräbniskosten liegt. So kann es schon auch vorkommen, dass ein Toter über ein Jahr kaltgestellt wird, bevor er bestattet wird. Wie sie das bei den immer wieder vorkommenden Stromausfällen machen will ich lieber nicht so genau wissen ;-)

Nach nur 2 Stunden Gottesdienst sind wir dann zum Friedhof gegangen. Der Sarg wird von jungen Pfarrern zu einem Auto und von vom Auto zum Grab getragen. Beim Grab (wunderbar verfließt) wurlt es, jeder will ganz vorne stehen, und so drängen sie von allen Seiten heran. Aus einem Lautsprecher in der Nähe tönt laut Musik, die Abschiedsworte am Grab sind unmöglich zu verstehen, und das obwohl ich mir einen echt guten Platz in der 2. Reihe gleich hinter dem Chairman und dem Clerk gesichert hatte. Ein paar Schaufelchen Erde, ein paar Gebete und zwei Lieder später war das Begräbnis dann zu Ende. Die Familie und die meisten Gäste sind dann zu dem „Festgelände“ gegangen für das Abschiedsfest für den Verstorbenen. Für alle Pfarrer und Lektoren mit Anhang – so hatte man es uns schon im Gottesdienst in der Kirche mitgeteilt – war in der Kirche eine Erfrischung hergerichtet. Wieder in Odumase habe ich mich mit den Worten verabschiedet „See you tomorrow by the first service!“, worauf mir Pfarrer Tekpetey freundlicherweise  mitgeteilt hat, dass es kein First Service geben werde und ich im Hauptgottesdienst predigen darf. Und nicht bei irgendeinem, sondern beim „Hearvest-Service!“! Was das ist? Lest selbst!

Chairpersons mit Pfarrern
Und die Spender kommen...
Die PCG hebt keinen Kirchenbeitrag von ihren Mitgliedern ein. Deshalb wird einmal im Jahr, beim sogenannten Hearvest-Service, das versammelte Kirchenvolk zu einer besonders großzügigen Kollekte eingeladen. Eines gleich vorweg: allein das Geldsammeln hat über eine Stunde gedauert, der Gottesdienst etwas über 4 Stunden – und das bei meiner Predigtlänge! Am Beginn der Geld-Sammel-Aktion wird eine Gruppe von Menschen zu Chairpersons erkoren, welche über das Procedere zu wachen haben und die wohl auch eine größere Summe zu spenden haben. Dann hat Pfarrer Tekpetey mit einer kleinen Rede begonnen, gespickt mit Bibelworten, warum die Menschen denn jetzt spenden sollten – und es wurde auch eine Zielvorstellung formuliert. Und dann wird zuerst eingeladen nach vorne zu kommen, wer mindestens 50 Cedi spenden will, und nach und nach wird der Spenden-Betrag dann verringert, bis zu einem Cedi. Bereits in Phase 1 ist Eric gekommen, eine echt sehr charismatische Gestalt, und hat die Moderation übernommen, woraufhin der Ortspfarrer, für alle gut sichtbar, einige 10-Cedi-Schein herausgeholt und diese Erik übergeben hat, der sich dafür ausführlich und überschwänglich bedankt hat. Und so sind – nach der oben erwähnten guten Stunde – über 10.000 Cedi an diesem Sonntag zusammen gekommen, was die Menschen zu wahren Begeisterungsrufen hingerissen hat.
Abendmahlfeier für Presbyter und Mama Osofos

Ach ja, fast hätte ich es vergessen: die Predigt ist  gut gegangen J!

 

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