Donnerstag, 25. Dezember 2014

Heiße Weihnachten!


Es wollten einfach keine Weihnachtsgefühle aufkommen. Täglich an die 35°C, bei jedem Schritt tropft einem der Schweiß von der Stirn – nein, Weihnachten fühlt sich anders an. Und noch was hat gefehlt: die vorweihnachtliche Hektik! Das erste Mal seit Jahren keine Gottesdienste vor und während dem Christfest vorzubereiten. Kein hektisches Treiben in den Straßen, kein Gedränge in den diversen Geschäften, keine Weihnachtsfeiern. Das hab ich eigentlich ganz angenehm empfunden. Und es haben sich neue Möglichkeiten aufgetan.

Am Montag haben wir unsere Weihnachtseinkäufe erledigt. Mit dem Kleinbus von der Zimmermann-Congregation sind wir nach Accra gefahren. Kurz vor der Shopping-Mall hat der Bus zu rupfen begonnen, wir also an der nächsten Straßenbucht an den Rand gefahren, der Fahrer hat aus dem Handschuhfach ein paar Utensilien geholt, ist unter dem Bus verschwunden und hat – ruck-zuck – den Benzinfilter ausgebaut und wir sind kurzerhand ohne weitergefahren. Problemlösung auf ghanaisch J! In der Mall haben wir uns eine Weihnachtsente gekauft (Gans war leider aus ;-)) und uns eine Pizza mit nach Hause genommen! Ein echtes Geschmackserlebnis, nach über 4 Monaten wieder eine Pizza zu schmausen.


Theo mit neuer Kette
Am Dienstag sind wir – in Ermangelung anderer nötiger Tätigkeiten – ENDLICH zu einer Beads-Fabrik gekommen. Felix hat uns hingeführt, nach einem 20-minütigen Fußmarsch  über eine Sandpiste sind wir auf einmal in einem herrlichen Palmenhain gestanden. Cedi – so der Chef der Fabrik – stellt in seinem Betrieb die für die Krobo-Region typischen Glasperlen her. Er hat uns während der Führung die unterschiedlichen Arten von Glasperlen erklärt und uns einen ersten Einblick in diese Handwerkskunst gegeben: von der Verarbeitung des Rohmaterials über das Brennen und Schleifen bis hin zur Endfertigung. Und dann hat er uns natürlich auch noch seinen Shop gezeigt! Ich kann euch sagen, wir hätten dort problemlos ein kleines Vermögen ausgegeben, wenn – ja, wenn ich genügend Geld mitgehabt hätte. Aber die Glasperlenketten sind für Ghana relativ teuer. Kein Wunder, ist doch jedes Stück von Anfang bis Ende handgefertigt.
Reingen und schleifen

 
 
 
Brennofen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Am Heilig Abend haben wir nach alter Lintner-Tradition gemeinsam den Christbaum geschmückt. Wobei ich zugeben muss, dass die eigentliche Challenge das Aufbauen des Plastikbaumes gewesen ist. Und ich finde, er ist schöner geworden, als ich mir das beim Kauf erwartet habe. Und vor allem – endlich etwas grün im Haus! Blöderweise hab ich nicht genau geschaut, als ich die Lichterkette eingekauft habe – jetzt haben wir einen Christbaum der blinkt J! Während dem Bauen und Schmücken haben wir Ö3 gehört, es war schön, vertraute Klänge zu hören. Denn rund um uns war – wie jeden Tag – viel Musik mit noch mehr Bass zu hören. Weihnachtliche Klänge? Fehlanzeige!


Der Einzige in unserer Familie, der voll im Weihnachtsmodus war, das war Theo. Die letzten Tage sind für ihn nur in Zeitlupe verlaufen und er war manchmal wirklich nur schwer auszuhalten. Andererseits hat er uns so ein bisschen von dem Weihnachtszauber geschenkt, der dieses Fest mit Kindern so einzigartig macht. Als wir bei der Bescherung allerdings immer noch ein Lied und noch eine Strophe gesungen haben, da war er schon sehr ungehalten (so ganz nebenbei: Lili und Kerstin haben uns mit „Stille Nacht“ auf TWI überrascht, das hat Silke und mich wirklich sehr, sehr gefreut!). Und beim Weihnachtsevangelium unter dem Christbaum hat er es fast nicht mehr ausgehalten.  

Es ist komisch, aber mir ist echt meine/unsere Weihnachtsroutine abgegangen. So gar keinen Gottesdienst zu haben am Heiligen Abend – da fehlt dann doch etwas Essentielles.

Heute sind wir dann in die Kirche gegangen, und es war ein sehr schöner Gottesdienst.  9 verschiedene Lesungen – vom Buch Genesis über Jesaja zu den Evangelien – haben uns die Botschaft von Weihnachten näher gebracht, immer begleitet von tollen Lieder des Chors des Presbyteries. Sehr lässig! Und dann noch eine mitreißende Predigt von Eric, wie immer ein bisserl Pfarrer, ein  bisserl Showman, aber mitreißend und eindringlich. Ein bissi schade nur, dass wir halt wieder 4 ½ Stunden in der Kirche gesessen sind, über so eine lange Zeit ist es einfach unmöglich, einen Spannungsbogen zu halten.

Zu Hause hat dann schon Felix auf uns gewartet mit dem Weihnachtsgeschenk seiner Familie für uns: Yams, Plantains und ein Stück Fleisch. In der Früh haben wir von Rev. Stephen und Aunti Messi schon Reis, Öl, Saft und Tomatenmark bekommen. Weil es üblich ist, alle Gäste in der Weihnachtszeit zu bewirten, werden eben einfach Lebensmittel verschenkt. Eine schöne und auch sehr praktische Idee. Nur wissen wir jetzt nicht mehr, wohin mit all den Lebensmitteln. Weil wir ja bereits am Samstag für 5 ½ Wochen durchs Land reisen werden. Besonders nett waren die Geschenke von Rose und ihrer Familie. Sie hat jedem von uns einen typischen ghanaischen Stoff (sogar in Geschenkspapier verpackt) mitgebracht. Wenigstens waren wir vorbereitet und haben unsere Gäste mit selbstgebackenen Keksen und gekauften Getränken versorgt.



Wisst ihr, wie ein Christbaum in Ghana ausschaut? Nein? Wir haben es heute am Nachmittag von Abraham gelernt. Man nehme ein paar Palmblätter, flechte und dekoriere sie, und schon – tata – ist er fertig. Wie ihr sehen könnt, waren vor allem meine Damen mit Feuereifer bei der Sache. Theo hat währenddessen mit seinem neuen Lego gespielt. Und ich? Ich hab mich um das Festessen gekümmert – weil ganz ohne geht es halt auch in Ghana nicht. Jetzt sitze ich im Haus, staune darüber, dass auch heute – wie in der letzten Zeit – Kracher und Raketen geschossen werden und freue mich, dass, zumindest bis jetzt, keine Bassmusik die weihnachtliche Stille stört. Wer weiß – vielleicht wird es ja heute eine stille, heilige Nacht.   

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